Großer Altersunterschied in Partnerschaft – Ältere*r oder jüngere*r Partner*in
Veröffentlicht in Paarbeziehung
Großer Altersunterschied in Partnerschaft – Ältere*r oder jüngere*r Partner*in
Ein großer Altersunterschied in Paarbeziehungen sollte heute nicht mehr überraschen. Und doch bleibt er ein Thema, über das gesprochen wird – mit Neugier, Skepsis oder Bewunderung. Beziehungen zwischen jüngeren und älteren Partner*innen begegnen uns in Öffentlichkeit, Kultur und Alltag. 10, 20 oder auch 30 Jahre Altersdifferenz sind nicht so selten, wie man oft annimmt. Trotz gesellschaftlicher Akzeptanz bleibt manches von Zuschreibungen begleitet.
Vorurteile – Geht es nur um Sex und Geld?
Oft wird vermutet, eine Beziehung mit großem Altersunterschied sei vor allem von sexueller Anziehung oder materiellen Vorteilen geprägt. Solche Annahmen greifen zu kurz. Partnerschaften entstehen aus vielfältigen Beweggründen – emotionale Nähe, gemeinsame Werte oder biografische Ergänzung spielen eine ebenso große Rolle.
Manchmal werden auch Zweifel laut. Ältere Partner*innen fragen sich, ob sie noch attraktiv genug sind. Jüngere Partner*innen erleben vielleicht gesellschaftliche Kommentare oder Fragen aus ihrem Umfeld. Systemisch betrachtet entstehen hier Dynamiken zwischen Selbstbild, Außenwahrnehmung und Beziehungsgestaltung – die Systemumwelt des Paares beeinflusst vielleicht das Innen der Beziehung und die beiden Partner*innen. Im Umkehrschluss aber gilt auch – Paarsysteme mit hohem Altersunterschied prägen wohl auch die Gesellschaft.
Kulturelle und biografische Unterschiede
Ein größerer Altersabstand bedeutet oft, dass zwei Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Prägungen und Lebensstilen aufeinandertreffen. Diese Unterschiede werden manchmal im Laufe der Beziehung sichtbarer. Während eine Person vielleicht eher Rückschau hält, ist die andere womöglich stärker zukunftsorientiert. In der Paarbeziehung stellt sich dann die Frage: Gibt es unterschiedliche Blickrichtungen? Wie gelingt es, diese Unterschiede als Ergänzung zu verstehen?
Aus bindungstheoretischer Perspektive würde man zudem fragen, ob und wie beide Partner*innen ein Gefühl von Sicherheit und Verlässlichkeit erleben – trotz unterschiedlicher Ausrichtungen. Und, ob etwa eine gelebte emotionale Offenheit, praktizierte gegenseitige Wahrnehmung und ein respektvoll geführter Dialog Teil der Beziehungskultur sind.
Anpassung und Selbstverständnis
In manchen Beziehungen übernimmt die ältere Person Teile des Lebensstils der jüngeren – etwa Kleidung, Musik, Freizeitgestaltung. Das wird nicht selten als erfüllend geschildert. Mitunter führt es aber auch zu Verunsicherung. Wichtig ist es für viele Paare, dass beide Partner*innen ihre Identität und biografische Geschichte kennen und wahren dürfen. Beziehungen profitieren vielleicht auch von Echtheit und gegenseitiger Wertschätzung.
Gemeinsame Entwicklung
Partnerschaften mit großem Altersunterschied sind – wie jede andere Beziehung auch – im Erleben vieler Paare Entwicklungsräume. Paare schildern, dass sie sich aufgefordert fühlen, Nähe und Unterschiedlichkeit miteinander zu gestalten. Konflikte oder Irritationen sind für sie dabei kein Zeichen von Scheitern, sondern werden von ihnen als Ausdruck von Auseinandersetzung und Wachstum im gemeinsamen System angesehen.
In der Auseinandersetzung mit dem Thema Altersunterschied suchen Paare häufig nach mehr Klarheit über Bedürfnisse, Erwartungen und die Qualität ihrer Verbindung. Sie bringen sich und ihre Beziehung ins Gespräch – auf der Suche nach einer bewussten Gestaltung von Beziehung und einem Wunsch nach gegenseitigem Verstehen.
Weiterführende Gedanken und Informationen
- Tagesspiegel (10.09.2014) – Artikel von Mohammed Amjahid: „Immer noch großes Tabu: Große Altersunterschiede bei Paaren“ – über gesellschaftliche Wahrnehmung und Akzeptanz solcher Beziehungen.
- Interview im Deutschlandfunk Nova (02.04.2018): Sendung „Alt und jung in Beziehungen – Er ist soviel älter als sie“ – ein Gespräch mit Paartherapeut Ferdinand Krieg über Erfahrungen in Partnerschaften mit Altersunterschieden.
Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen fachlichen Information und ersetzt keine individuelle Beratung, keine ärztliche Abklärung und Behandlung sowie keine Psychotherapie. Der Artikel berichtet von allgemeinen menschlichen Erfahrungen und versteht sich als Impuls zur Selbstreflexion.
In Berlin biete ich Paaren, die sich und ihre Beziehung ins Gespräch bringen möchten, Paarberatung und Einzelberatung an. Mehr dazu gibt es hier: Paarberatung, Einzelberatung.