Drei Missverständnisse über Paartherapie
Veröffentlicht in Paarberatung

Mythen und Missverständnisse über Paartherapie
In Bezug auf Paartherapie bestehen unterschiedliche Vorstellungen. Ich bin seit 13 Jahren in der Paarberatung tätig und natürlich begegnen mir auch Mythen über Paartherapie – was sie bedeutet und was nicht. Manche dieser Annahmen beruhen auf Missverständnissen. Im Folgenden möchte ich Sichtweisen darstellen, die mir in der Paartherapie begegnen – nicht um zu beschuldigen, sondern um aufzuklären.
Mythos 1: Paartherapie verfolgt immer das Ziel, die Beziehung zu erhalten
Mit Paartherapie verbinden manche die Annahme, dass es ausschließlich um den Erhalt der Beziehung oder der Ehe geht. Das Ziel sei, diesem Missverständnis mancher Partner*innen nach: Das Paar muss ausnahmslos immer zusammenbleiben, die Ehe soll in jedem Fall gerettet werden.
Paartherapie beschreibt jedoch zunächst einmal das Setting: ein Gesprächsangebot für zwei Personen, die in einer Paarbeziehung stehen – in einer angeleiteten Gesprächsführung und in einer Praxis. Welche Ziele verfolgt werden, wird dabei vom Paar selbst bestimmt. Dazu kann auch gehören, eine mögliche Trennung gemeinsam zu besprechen oder eine ambivalente Situation zu klären, in der eine Person gehen möchte und die andere nicht.
Paartherapie darf ergebnisoffen sein. Ich schaue mit jedem Paar, was es will, und begleite diesen Prozess in der Richtung, die das Paar selbst wählt. Für viele Paare steht das gemeinsame Gestalten und Stärken ihrer Bindung im Vordergrund – andere wünschen sich eher einen Rahmen, um unterschiedliche Wege zu besprechen. Manche Paare erleben eine Trennung als Befreiung, andere beginnen eine Therapie gerade, weil sie ihr gemeinsames Ringen um den Erhalt oder einen Neuanfang ins Wort bringen möchten. In Situationen von Ambivalenz – wenn eine*r gehen möchte und die*der andere bleiben will – geht es vielleicht darum, einen Gesprächsrahmen zu schaffen, in dem beide Perspektiven Platz haben. Paartherapie ist zudem ein Prozess, kein Urteil.
Unabhängig davon bleibt es letztlich immer die Entscheidung des Paares, ob es zusammenbleiben, sich trennen oder einen anderen Weg wählen möchte.
Mythos 2: Paartherapie bedeutet vor allem Werkzeuge für Kommunikation und Konfliktmanagement
Ein weiterer verbreiteter Gedanke ist, dass es in der Paartherapie ausschließlich um Techniken der Gesprächsführung oder um Konfliktlösungsstrategien geht. Als ginge es darum, einen Handwerkskoffer mit Werkzeug zu öffnen und die Werkzeuge zu üben. Neben Kommunikations- und Problemlösetechniken können jedoch auch andere Aspekte im Mittelpunkt stehen – zum Beispiel motivationaler Hintergrund von Konflikten, persönliches Konfliktverhalten oder Bindungs- und Beziehungsdynamiken unter Stress.
Gespräche können auch Raum für Selbstreflexion bieten – einzeln und als Paar: mit Blick auf eigene Wünsche, Sehnsüchte, Projektionen und Lernaufgaben in Beziehungen. In der Praxis zeigt sich mitunter, dass Paare wissen, welche Schritte im Sinne einer konstruktiven Kommunikation möglich wären, diese aber aufgrund tieferliegender Beweggründe nicht umgesetzt werden.
Mythos 3: Paartherapie muss immer spannungsfrei verlaufen
Es gibt die Vorstellung, dass Paartherapie ohne Spannungen und ohne Konfrontation abläuft. Gespräche über Konfliktdynamiken führen möglicherweise jedoch dazu, dass diese Dynamiken im Hier und Jetzt sichtbar werden. Emotionen treten auf, Stress wird erlebbar und Konfliktverhalten zeigt sich gegebenenfalls auch in der Sitzung selbst. Manche Paare betreten die Praxis bereits in einer angespannten Grundhaltung.
Nicht alle sind solchen Spannungen gewachsen oder motiviert, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Vor Beginn einer Paartherapie wird daher besprochen, ob Kapazitäten und Bereitschaft vorhanden sind, konflikthafte Themen und Emotionen ins Gespräch zu bringen – und was geschehen soll, wenn dies nicht der Fall ist.
Letztlich bleibt es erlaubt, Erwartungen und Realität bezüglich einer Paartherapie in einem Erstgespräch miteinander abzuwägen. Man darf dabei sowohl Hoffnungen und Wünsche als auch Befürchtungen und Widerstände äußern.
Hinweis: Der Beitrag dient der allgemeinen Information. Er stellt keinen individuellen therapeutischen Rat dar, ersetzt keine Beratung, keine ärztliche oder psychiatrische Abklärung und Behandlung sowie keine Psychotherapie.
Über mein Angebot an Paartherapie in Berlin informiere ich hier: Paartherapie.