Vertrauen, Misstrauen und Eifersucht in der Partnerschaft
Veröffentlicht in Paarbeziehung

Themen wie Vertrauen, Misstrauen oder Eifersucht gehören häufig zu den Dynamiken, die viele Paare in einer Paartherapie bei mir ins Gespräch bringen.
Eifersucht, Vertrauen und Misstrauen als Herausforderung
Eine Paarbeziehung, die beide Partner*innen als für sich sicher beschreiben, fällt wohl nicht vom Himmel. Partner*innen festigen erfahrungsgemäß nach und nach das Fundament ihres Zusammenlebens und ihrer Liebe füreinander. Sie bewegen sich dabei zwischen Momenten des Alltags, Zeiten der Herausforderungen von außen, familiären und beruflichen Problemen. Immer wieder nehmen sie dabei ihre eigene Beziehung in den Blick und leben sie. Gegenseitig versichern sie sich ihrer Liebe und dass es gut sei, zusammen zu sein und zu bleiben.
Partner*innen dürfen natürlich immer ihren Blick auf Vertrauenswürdiges richten. Sie dürfen sich Zeit für eine Aussprache über Fragen und Wünsche an die Paarbeziehung nehmen – und auf das schauen, was sie miteinander schon an Herausforderungen angenommen und gestaltet haben.
Nähe- und Distanzkonflikte in einer Paarbeziehung
Eine Paarbeziehung erlebt Höhen und Tiefen. Diese bedeuten demnach keine geradlinige Dauerharmonie. Stattdessen zeigt sich Konflikthaftes jenseits standardisierter Gleichförmigkeit des Glücks. Im Laufe einer Beziehungsgeschichte hatten sich zudem vielleicht Probleme gezeigt und Konflikte ereignet. Unter Umständen haben diese sogar zu einem Verlust an Vertrauen in Bezug auf eine Liebesbeziehung und Partnerschaft (Ehe) geführt.
Klassische Konflikte von Paaren sind zum Beispiel das Ringen um Nähe und Distanz. Außerdem ist hier die Suche nach Absicherung und das gute Gefühl der Zusammengehörigkeit einzuordnen; gleichermaßen aber auch die Suche nach Autonomie und nach selbstbestimmten Freiräumen. Konflikthaft wird dies dann gesehen, wenn Zeiten der Verunsicherung, die Suche nach Freiräumen und nach Abgrenzung bestimmen. Was will er denn da? Weshalb sucht mein Partner so viel Freiraum? Liebt er mich nicht mehr? Insbesondere nach der ersten Phase der Verliebtheit steht irgendwann ein neues Austarieren an. Ich und Wir sollen in Balance gebracht werden. Ein vermehrter Wunsch nach individuellen Freiräumen mag verunsichern, ist aber per se nichts Ungewöhnliches.
Eifersucht in der Beziehung – Suche nach Stabilität und Sicherheit
Ob nun etwas in der Beziehung vorgefallen ist, das eifersüchtig macht, oder ob die Eifersucht der Entwicklung geschuldet ist – sie ist wohl Teil vieler Paarbeziehungen. Eifersucht ist ein eifriges Suchen nach Stabilität und Sicherheit. Es geht manchmal auch darum, Sicherheit durch Bewachen und Kontrolle wiederherstellen zu wollen. Das ist kein leichtes Unterfangen und führt zum nächsten Konflikt. Eine Partner*in fühlt sich eingeengt und beobachtet. Vielleicht wird dann auch abweisend reagiert. Oder man versucht sich zurückzuziehen. Das lädt ein, noch mehr zu hinterfragen und hinterherzulaufen. Jetzt haben wir auch einen Konflikt zum Thema Nähe und Distanz.
Kontrolle oder Vertrauen?
Eigentlich aber wird doch etwas anderes gewünscht: nicht Kontrolle, sondern Vertrauen. Eifersucht hat also auch mit Vertrauen – und eben mit Misstrauen – zu tun. Vertrauen aber muss man sich verdienen und man muss es einander schenken. Das ist eine wechselseitige Herausforderung für beide Partner*innen in einer Beziehung. Es ist keine Leistung nur einer Person. An diesem Unternehmen dürfen sich beide Partner*innen beteiligen. Wer was dabei tut, darf untereinander ausgehandelt werden.
Misstrauisch-eifersüchtiges Verhalten zu Beginn der Liebesbeziehung
Misstrauisch-eifersüchtiges Verhalten ist vielleicht zu Beginn der Paarwerdung, mit allen ersten Unsicherheiten der Verliebtheit, zu beobachten. Sie liebt mich, sie liebt mich nicht, sie liebt mich … Zudem gibt es dieses Misstrauen verständlicherweise nach einer Affäre und nach Fremdgehen. Zu beobachten ist es aber auch nach einer Trennung und einem nachfolgenden Neubeginn in der Paarbeziehung. Ähnliches gibt es auch, wenn ein neugeborenes Kind liebevolle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Hier sind wir plötzlich zu dritt. Ist das ein Angriff auf unser Zusammenleben als Paar? Geht es jetzt nur noch um das Kind? Wo bleibt die Zeit für uns zwei als Liebespaar? Eifersucht und Misstrauen mag es auch geben, wenn viel Zeit und Hingabe in die eigene berufliche Karriere investiert wird – vermutlich immer dann, wenn die Exklusivität des Paarseins vermeintlich oder tatsächlich infrage gestellt wird.
Das bloße Schwingen des Pendels in die eine oder andere Richtung, zwischen Vertrauen und Misstrauen, muss noch nicht beziehungsabträglich für eine Paarbeziehung sein. Im normalen Schwingungsbereich sind Partner*innen vielleicht motiviert, umeinander zu werben. Sie werden angehalten, sich für das Besondere der Beziehung zu engagieren. Zudem ist dies auch eine Einladung an einzelne Partner*innen, für die eigenen Bedürfnisse nach Freiräumen zu sorgen.
Persönliche Freiräume und das gemeinsame Wir
Nicht in jeder Paarbeziehung gelingt dieses Austarieren von Nähe und Distanz konfliktfrei. Auseinandersetzungen und Verunsicherungen begleiten das Ausbalancieren. Wie viel Freiraum möchtest du geben? Wie viel Verbindlichkeit möchte ich schenken?
Zudem fordern Misstrauen und eifersüchtiges Verhalten eine Paarbeziehung gehörig heraus – sowohl den oder die eifersüchtig-misstrauische*n Partner*in als auch den*die kritisch Beäugte*n. Die Ausgeglichenheit zwischen persönlichen Freiräumen der einzelnen Partner*innen und der gemeinsam verbrachten Zeit gerät ins Ungleichgewicht. Oder es wird vermutet, dass ein solches Ungleichgewicht bestehe. Während ein*e Partner*in mehr Vertrauen und Freiräume einfordert, ein Mehr an Unabhängigkeit möchte, sucht der*die andere vielleicht viel Nähe.
Unter Umständen wird das Bedürfnis nach Distanz und Rückzug nicht als Wegbewegung aus der Paarbeziehung verstanden. Dass dahinter auch der Wunsch nach Zeit für sich als Individuum stehen mag, wird übersehen. Eine Paarbeziehung mit Nähe rund um die Uhr ist aufgrund der Masse an verbrachter Zeit noch nicht automatisch eine qualitativ hochwertige Paarbeziehung.
Eifersüchtig auf Beruf, Mutti, Familie, Kinder und Busenfreundin
Dabei lassen sich durch Partner*innen vielleicht auch andere Deutungen des beobachteten Verhaltens anstellen. Wenn es etwa gerade bei noch frisch Verliebten zu einer besonderen Dynamik des Wettbewerbs kommt, ist Eifersucht vielleicht ein Bestandteil. Das gilt zum Beispiel in Bezug auf Mitbewerber*innen und Nebenbuhler*innen. Wenn man jemanden liebt und haben will, dann gibt es auch Eifersucht gegen intensiv verbrachte Zeit der neuen Liebe mit der vielleicht zukünftigen Schwiegermutti. Außerdem kommt ein eifersüchtiges Abgrenzungsverhalten gegen Solches, das einen Platz streitig macht. Was dem jungen und werdenden Liebesglück Zeit und Raum abverlangt – oder besser: raubt –, wird misstrauisch und eifersüchtig beäugt.
Dazu lassen sich übrigens auch die Arbeit, das liebe Geld, soziales Ansehen, beste Freunde und vereinnahmende Busenfreund*innen zählen. Misstrauisches und eifersüchtiges Beäugen mag aber auch auf übernommene Aufgaben aus dem Bereich von Patchwork gerichtet sein. Dazu gehört ein misstrauisches Fragen nach Rollenzuschreibungen und der Suche nach noch zu rettenden Freiräumen für die eigentliche Paarbeziehung. Dazu gehören aber auch Schwangerschaft und Geburt sowie die Aufmerksamkeit und Zuwendung für das neugeborene Kind. Aus der Beziehung zu zweit wird hier eine Familie. Da muss man plötzlich Zeit verteilen und einteilen.
Insofern ließe sich hier misstrauisch-eifersüchtig vereinnahmendes Verhalten auch im Sinne eines notwendigen Abgrenzungsverhaltens deuten. Das Ziel ist dabei vielleicht, das junge und ausschließliche Liebesglück auf der Paarebene zu sichern und unbeschwert zu erhalten.
Ausschließende Aufgabe von Eifersucht in einer Paarbeziehung
Aus einer systemtheoretischen Perspektive gesehen gilt womöglich: Damit wir als Paar ein Paar (ein partnerschaftliches System) werden und bleiben, muss anderes (die Systemumwelt) draußen bleiben. Das, was nicht zur Ebene der Paarbeziehung gehört, wird markierend abgedrängt. Die Zweierbeziehung wehrt sich hier sozusagen gegen Drittes, das die Zweiheit (zer)stört. Außerdem ließe sich deuten, dass hinter einem eifersüchtigen Verhalten eine Art Liebesbeweis steht.
Dann heißt es in etwa: Durch meine Eifersucht will ich nicht nur besitzen und bewahren. Ich will dir auch zeigen, dass du mir etwas bedeutest. Schließlich möchte ich dich auch auf mich aufmerksam machen. Mein Ziel ist, dass du dich um mich bemühst und wir eine lebendige Zeit miteinander haben.
Werbung bedient sich ja nicht selten solcher Vorgänge: eines heißblütig ausgefochtenen Paarkonflikts, der in eine wunderbar versöhnende Nähe führt, nachdem man sich zuvor noch ordentlich bekämpft und beschimpft hatte. Ich möchte also überprüfen, ob wir eine lebendige und gute Zweiheit sind oder ob Drittes unsere Besonderheit infrage stellt.
Eifersucht – Exklusivität der Liebe
Aus systemischer Sicht lässt sich Eifersucht auch als Ausdruck der Suche nach Exklusivität in einer Liebesbeziehung verstehen. Sie verweist auf das Bedürfnis, im Blick des*der Partner*in einen besonderen Platz einzunehmen und Bedeutung zu erfahren. In diesem Sinn kann Eifersucht als Versuch gelesen werden, Zugehörigkeit zu sichern und Nähe wiederherzustellen – auch wenn das nicht immer gelingt.
Vertrauensverlust und Suche nach erneutem Vertrauen
Vertrauensförderlich wird wohl nicht sein, wenn sich im Beziehungsleben eines Paares als beziehungsbedrohlich Wahrgenommenes ereignet – etwa durch Fremdgehen und Affären, Streit oder erste Trennungsabsichten. Wie bin ich hier noch im rechten Licht, im liebevollen Blick des*der Partner*in? Dass in Zeiten des Umbruchs und der Veränderung in Paarbeziehungen Unklarheiten entstehen, versteht sich von selbst. Was bisher festgeschrieben war, steht plötzlich infrage. Vielleicht gibt es auch den Wunsch nach einer Trennung. Unter Umständen liegen hier die Wünsche nach einer Trennung oder nach dem Zusammenbleiben im Widerstreit.
Hier ist es bekanntlich nicht einfach, zu vertrauen und fest an die Exklusivität der Zweierbeziehung zu glauben. Deshalb stellt sich eben auch die Frage nach dem Verhältnis von Vertrauen und Misstrauen zueinander. Hinzu kommt die Frage, ob es im Sinne beider Partner*innen ist – oder je wieder sein soll –, Vertrauen aufzubauen.
- Will ich dir noch einmal vertrauen?
- Oder ist für mich jetzt eifersüchtiges Misstrauen hilfreicher?
- Müssen es die vormals unbedarften und ehrenwerten einhundert Prozent Vertrauen sein?
- Oder genügen zu einem befriedigenden Zusammenleben auch achtzig Prozent Vertrauen?
- Welche positive Funktion ließe sich den zwanzig Prozent Misstrauen zuschreiben?
- Haben sie eine besondere Funktion für das derzeitige Zusammenleben?
Vielleicht entstehen bei einem Paar in einer solchen Situation folgende oder ähnliche Fragen:
- Was führt bei uns zu Vertrauen?
- Wann gab und gibt es Vertrauen in der Paarbeziehung?
- Was ist Vertrauen für uns eigentlich?
- Was ist für uns als Paar Sicherheit?
- Welche positiven Seiten gibt es an unserer Paarbeziehung?
- Wie unterstützen wir uns beim Aufbau eines vertrauensvollen Miteinanders?
Hinweis: In diesem Artikel beziehe ich mich auf normale (nicht-pathologische) Eifersucht. Er dient der allgemeinen Information und stellt keinen individuellen Rat dar. Er ersetzt keine individuelle Beratung, keine ärztliche Abklärung und Behandlung sowie keine Psychotherapie.
In Berlin biete ich Paartherapie zu allgemeinen Beziehungsproblemen und partnerschaftlichen Konflikten an: Paartherapie. Über mein Angebot an Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz informiere ich hier: Einzeltherapie.