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Foto: Wir haben uns auseinandergelebt! Unsere Beziehung ist eingeschlafen!

Wir haben uns auseinandergelebt! Unsere Beziehung ist eingeschlafen!

Unsere Beziehung ist eingeschlafen! Wir haben uns auseinandergelebt! Die Gefühle sind weg!

Sie fragen sich möglicherweise, ob Sie einander noch lieben und begehren. Vielleicht werfen Sie zudem die Frage auf, ob ihre Paarbeziehung, ihre Liebesbeziehung und Ehe noch Bestand haben. Sie möchten schließlich eine Antwort auf die Frage, ob sie als Partner*Innen noch eine Zukunft miteinander haben.

Plötzlichs merkt man: Die Beziehung ist eingeschlafen!

Es gibt Paare, sowie einzelne Partner*Innen, die plötzlich „aufwachen“. Sie bemerken eine innere und äußere Distanz. Deshalb sind regelrecht erschrocken. Denn die Ahnung sich auseinandergelebt zu haben, ist fast ohne Vorwarnung plötzlich da. Man stellt fest: Die Beziehung ist eingeschlafen! Und man fragt sich: Wer ist die oder der, mit dem ich da zusammen bin eigentlich? Was verbindet mich noch? Finde ich Sie oder ihn überhaupt attraktiv? Woran würde ich das gerne bemerken? Wie war das früher?

Auseinanderleben funktioniert aber auch ganz bewusst. Man kann es vielleicht sogar herstellen. Etwa in dem sich einzelne Partner*Innen immer mehr zurückziehen. Wenn sei sich innerlich und äußerlich voneinander verabschieden, bedeutet dies gegebenenfalls auch die langsame Abwicklung einer Paarbeziehung. Man verkriecht sich und verhält sich abweisend. Partner*Innen reagieren bockig und zickig. Sie entziehen sich zudem den vielfältigen Angeboten an Annäherung und Kontaktaufnahme.

Mitunter sind es auch andere Entwicklungsschritte und Perspektiven, die auseinander führen. Weil Partner*Innen in andere und entgegengesetzte Richtungen möchten oder weil man sich umzeitgleich weiterentwickelt. Der Partner*Innen tanzen sozusagen einen jeweils anderen Tanz, mit anderem Takt und Rhythmus. Sie sind dabei mit sich beschäftigt.

Blick auf den Unterschied von Liebesbeziehung und Partnerschaft (Ehe)

Der bekannte deutsche Paartherapeut Anrnold Retzer spricht in seinen Veröffentlichungen von zwei Systemen in einer Paarbeziehung, von zwei Seiten und Funktionen, die die eine Paarbeziehung ausmachen. Er nennt die Liebesbeziehung auf der einen Seite und die Ehe (Partnerschaft) auf der anderen Seite. (Vgl. z.B. Retzer, Arnold: Paare als Sinnsysteme. Gestalt Zeitung 18 (2005), Seiten 4-9. Internet-Quelle (externer Link): PDF – Gestalt Institut Frankfurt.)

Retzer formuliert: „Eine Liebesbeziehung und eine Partnerschaft sind zwei verschiedene Sinnsysteme mit verschiedenen Handlungslogiken. [..] Die moderne Paarbeziehung hat damit einen eingebauten Widerspruch, bzw. einen immanenten Konflikt: den zwischen den beiden widersprüchlichen Sinnsystemen der Liebe und der Partnerschaft.“ (Retzer: Paare als Sinnsysteme, 5)

„Die Beziehung ist eingeschlafen!“ bedeutet oft: „Uns ist die Liebesbeziehung abhanden gekommen!“

Das ist erfahrungsgemäß auch für mich – Ich arbeite gerne nach retzerschem Fokus – eine wichtige Beobachtung in der Arbeit mit Paaren. Es gibt die Seite einer emotionsgeladenen und stürmischen Liebesbeziehung. Als Zweites gibt es aber auch die Seite einer vertraglichen und partnerschaftlichen Ehe. Beide Pole sind Teil der einen Paarbeziehung.

Für Paartherapeut Retzer steht fest: „Ein Liebespaar – zumindest die Liebe – entsteht ohne bewußten Entschluß. Die Liebe ist eine Himmelsacht, Schicksal oder Vorsehung. […] Man kann in eine Liebesbeziehung weder eintreten noch aus ihr austreten. […] Allenfalls kann die Liebe aufhören bzw. das, was die Liebesbeziehung gestiftet hat. […] Gänzlich anders, wenn auch mit den gleichen Teilnehmern, funktioniert dagegen die partnerschaftliche Paarbeziehung… “ (Retzer, Arnold: Systemische Paartherapie, 4.Auflage, Stuttgart 2011, 57)

„Eine Partnerschaft“, so Retzer, „ist eine Art demokratisch politisches System mit rechtlicher (Hintergrunds-)Absicherung innerhalb der Paarbeziehung, das die Verhandlung persönlicher Interessen und die Verteilung und Bemessung von Leistungen überwacht, und damit der moralischen Willkür der Liebe einen Riegel vorschieben kann. Liebe erhebt dagegen den Anspruch auf Bedingungslosigkeit und Absolutheit.“ (Retzer, Paare als Sinnsysteme, 8)

Diese Ansicht Retzers teile ich. Fehlt ein Teil der Paarbeziehung, entweder die Liebe oder die Partnerschaft, kommt es erfahrungsgemäß zu Enttäuschungen und Unzufriedenheiten in einer Paarbeziehung. Insbesondere dann, wenn ein(e) Partner*In gerne mehr Liebesbeziehung leben möchte als die/der andere Partner*In. Oder wenn man in der Liebe schwelgt, aber ohne Verbindlichkeit und Erdung.

Eine Herausforderung für die Paarbeziehung ist es folglich aber auch, wenn ein Partner nur noch Alltagshausmann ist, Ernährer und Verwalter im vernünftigen Konstrukt des Ehealltags, wenn er nicht mehr der bedingungslos Verliebte des Anfangs ist.

Wo ist die Verliebtheit des Anfangs?

Wir haben nicht selten hohe Maßstäbe für eine ideale Beziehung. Jedenfalls wünschen wir uns meist eine lebendige Beziehung. Es ist ein Schneckenszenario irgendwann feststellen zu müssen: Die Beziehung ist eingeschlafen! Wir wünschen stattdessen ein andauernd erfüllendes Verliebtsein, unbegrenzten Spaß, einen reifen Umgang miteinander und eine verbindliche Treue. Es beginnt mit einem anfänglichem Verliebtsein in einer Zeit der Romantik. Jetzt werden verrückte Dinge getan. Aufregende Liebe und Sexualität gehören dazu. Außerdem haben wir den Wunsch ständiger und zimmerwährender Zweisamkeit. Wenn dann der Alltag kommt, stellt sich bei manchen Paaren eine Ernüchterung ein. Beziehungsfrust und das Nicht-Mitteilen von Wünschen lässt die Beziehung einschlafen.

Wenn wir sagen „Die Beziehung ist eingeschlafen!“ meinen wir damit oftmals die Liebesbeziehung.  Die Schmetterlinge sind verflogen, die rosarote Brille ist abgelegt und das Leben miteinander bereits gefühlt gelebt. Vielleicht ist es noch einen Schritt weiter: Das Haus ist gebaut und die Kinder sind aus dem Haus. Der Alttag, 24/7, wird zum langweiligen Aufeinanderhocken. Man wacht auf und stellt fest: Die Verliebtheit des Anfangs ist weg!

Dass sich die anfängliche Verliebtheit nicht in Gänze erhalten lässt, wird oftmals festgestellt. Das liegt auch daran, dass sich Liebe und Lieben verändern. Am Anfang mag es mehr die Verliebtheit sein. Später vielleicht eine tiefe Liebe. Diese speist sich aus gewachsenem Vertrauen und aus der Erfahrung von Geborgenheit. Gemeinsam beschrittene Wegen und schöne Erlebnisse sind zudem Glücksmomente, die in Liebe zusammenschweißen. Auch hier gibt es Liebesbeziehung. In einer anderen Art und Qualität. Zudem bin lade ich gerne ein, dennoch an den Beginn zurückzudenken. Ist etwas wiederholbar? Woran lässt sich anknüpfen? Was ließe sich heute noch einmal ausprobieren?

Ad fontes! Zurück zu den Quellen des Anfangs!

Manchmal ist einem Paar vor lauter Alltag und aufgrund ständiger Konflikte der wertschätzende Blick auf den Zauber des Anfangs, verloren gegangen. Stattdessen gibt es den einen negativen Defizitblick. Das Abwesende und Ungute wird gesucht, beobachten und bewertet. Immer im Vergleich zu dem, wie es eigentlich sein sollte.

Daher rufe ich Paaren gleichsam zu: Ad fontes! Zurück zu den Quellen könnte nämlich ein Versuch eines Paares sein, die Liebesbeziehung zu reaktivieren. Vielleicht ist auch lange nicht mehr der Fokus auf diese Ressourcen im Bereich von Liebe und Zuwendung gelenkt worden.

Eine solche Veränderung kostet dann aber Überwindung und verlangt zudem eine Kehrtwende. Es ist, als ob man die Negativbrille mit einer Positivbrille eintauschen müsste. Mit der ersten sehe ich nur klaffende Lücken, Negatives, Fehler und Mängel. Ich beobachte mit ihr sozusagen die ewige Wiederkehr des Gleichen im Alltag der Paarbeziehung. Mit der anderen Brille hingegen, erkenne ich insbesondere die Anwesenheit von Liebevollem. Außerdem wird es wahrscheinlich, erlebte Momente der bisherigen Liebe ausfindig zu machen und zu schätzen.

Darüber hinaus könnte ein Paar versuchen, an der Art, Bedürfnisse und Enttäuschungen zu äußern, zu arbeiten. Haben Vorwurfsprielen und das Aufzählen der Defizite bislang keinen Erfolg gezeitigt, sollte man nachdenken, die Methode zu ändern.

Auch ein Projekt für die Zukunft könnte in den Blick genommen werden. Visionen und Ziele für die Paarbeziehung. Was wünschen wir uns? We wäre es, wenn es gut wäre? Woran würden wir denn erkennen, dass wir wieder mehr Liebesbeziehung hätten? Was müsste sein, damit wir feststellten: Die Beziehung ist aufgewacht!?

Ferdinand Krieg

Dipl.-Theologe | Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie
Weiterbildungen in Systemischer Therapie und Beratung: Systemischer Paartherapeut (SIH) | Systemischer Therapeut und Berater (SG) | Sexualtherapie (DGfS).

Prenzlauer Promenade 190, 13189 Berlin
Telefon (mobil) +49-1577-5337371
E-Mail: kontakt@einzelundpaartherapie.de