Autonomie, Bindung und Machtkämpfe in Partnerschaften
Veröffentlicht in Paarbeziehung

Veränderungswünsche als Auslöser von Machtkämpfen
Machtkämpfe in Beziehungen sind mitunter anstrengend. Sie drehen sich selten nur um Inhalte, sondern oft um grundlegende Bedürfnisse nach Nähe, Bindung oder Autonomie. Oft prallen die Wünsche von Partner*innen aufeinander. Das ist eine Beobachtung, die ich in meiner Arbeit in der Paartherapie in Berlin immer wieder mache: Ein Part möchte Veränderung („So geht es nicht mehr weiter…“), der andere Part sehnt sich nach Stabilität („Warum etwas ändern, wenn es doch funktioniert?“).
Für beide steht gefühlt viel auf dem Spiel: Für die*den Veränderungswilligen die Hoffnung auf Lebendigkeit und Sicherheit der Beziehung, für die*den anderen die Bewahrung von Autonomie und Selbstbestimmung.
Wenn Nähe als Bedrohung erlebt wird
Bindungstheorie und Emotionsfokussierte Paartherapie (EFT) betonen: Hinter Konflikten stehen oft unerfüllte Grundbedürfnisse. Nähe- und Bindungswünsche stoßen auf Widerstand, wenn sie als Einschränkung von Freiheit erlebt werden. Dann entsteht Spannung – nicht nur um ein sachliches Thema, sondern auch um emotional Besetztes, etwa um Identität und Autonomie.
Gewinner*innen sind zugleich Verlierer*innen
Ein Machtkampf dreht sich schnell darum, wer „gewinnt“. Doch jeder Sieg hat seinen Preis: Ein*e unterlegene*r Partner*in fühlt sich nicht gesehen oder sogar entwertet. Augenhöhe und Attraktivität in der Beziehung leiden. Am Ende verlieren beide – selbst dann, wenn die gewünschte Veränderung durchgesetzt wird.
Wenn Konflikte unlösbar bleiben
Manche Gegensätze lassen sich nicht auflösen. Der Versuch, die*den anderen zu überzeugen, scheitert: a bleibt a, b bleibt b. Ein Kompromiss (c) wirkt wie ein fauler Ausweg. Eine alternative Haltung wäre: Paar zu bleiben trotz der Gegensätze – und Liebe zu zeigen, indem man die Differenz anerkennt und miteinander aushält. Und: Nach den emotionalen Bedürfnissen zu fragen, die mit den inhaltlichen Wünschen verknüpft sind – das heißt, nach den zugrundeliegenden Bindungsbedürfnissen zu fragen.
Gefühle sichtbar machen
Hinter Machtkämpfen stehen oft Gefühle. Da gibt es eine Angst, verletzt zu werden, ein Bedürfnis nach Sicherheit oder die Sehnsucht nach Nähe. Wer nur mit Argumenten kämpft – hat dafür gute Gründe –, verliert aber schnell den Zugang zur emotionalen Ebene. Manche Paare wünschen sich, ihre Anliegen in Ich-Botschaften zu äußern („Ich wünsche mir…“, „Ich habe Angst…“) und die emotionale Seite des Konflikts ins Gespräch zu bringen. Sie sind dann oft überrascht, was an Emotionen mit den sachlichen Inhalten verknüpft ist – und was, so das Erleben vieler Paare, vor allem gefühlsmäßig verstanden werden will.
Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und zur Selbstreflexion. Er stellt keinen individuellen therapeutischen Rat dar und ersetzt keine Beratung, keine ärztliche oder psychiatrische Abklärung sowie keine Psychotherapie.
Paaren, die ihre Machtkämpfe ins Gespräch bringen möchten, biete ich in Berlin eine Begleitung an. Informationen dazu finden Sie hier: Paartherapie.
Zum Weiterlesen: Konfliktspiralen.