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Über Machtkämpfe in Beziehung und Partnerschaft

Machtkämpfe um Veränderungswünsche und Wünsche nach Kontinuität

Wenn Partner mit Veränderungswünschen oder Wünschen nach Kontinuität aufeinander zukommen, mag dies Machtkämpfe begründen. „Ich will, dass Du Dieses oder Jenes anders machst. Sonst…“ So oder ähnlich äußert ein Partner vielleicht einen Veränderungswunsch. Dies mag mit der Überzeugung geschehen, dass es nicht ohne Veränderung geht. Ein Partner urteilt beispielsweise, dass die Beziehung in ihrer Substanz gefährdet ist, wenn es nicht zur gewünschten Veränderung kommt. „Dann kann ich nicht bleiben…“, „Wenn Du so weitermachst, ist es aus!“, „Das muss geändert werden, oder ich gehe.“ Die Art und Weise der Formulierung und die geäußerte Dringlichkeit führt zu einer Erhöhung von Spannung. Es scheint um Alles oder Nichts zu gehen. Vermutlich gesellen sich hier auch noch Argumente hinzu. Es kommt zu einer sachlogischen Beweisführung. Deshalb und deswegen muss sich etwas ändern. Das Ganze vermischt sich dann noch mit angehäufter Unzufriedenheit und hochgekochtem Frust.

Was nun, wenn der andere Partner aber gerade in der Vermeidung von Veränderung das Wohl der Beziehung begründet sieht. Oder wenn er meint, dass eine Veränderung ihn selbst, seine Freiheiten und seine Wünsche an die Beziehung übergeht. „Das greift mich an!“, „Das ist für mich bedrohlich!“, „Wenn ich hier nachgebe und tue was Du willst, habe ich verloren!“. Die persönliche Integrität und Autonomie stehen hier auf dem Spiel. „Weil Du Dir die Veränderung wünschst, mach eich es erst recht nicht!“, „Wenn Du Dir eine Veränderung wünscht, siehst Du nicht meine Bedürfnisse. Mein Bedürfnis ist Kontinuität. Dass also alles so bleibt, wie es ist.“ Vielleicht hat die Idee, etwas zu verändern schließlich auch etwas Bedrohliches. Es ist besorgniserregend, etwas als sicher Geglaubtes, zu verändern. Was kommt dann? Es war doch alles so gut. Ich möchte keine Veränderung! So gehen Machtkämpfe.

Machtkämpfe, deren Gewinner verlieren

Eine solche Konstellation ist eine gute Gelegenheit in eine Auseinandersetzung einzusteigen, einen Konflikt zu begründen und einen Machtkampf zu beginnen. Manchmal tritt dabei das inhaltliche Ziel der Veränderung zurück. Entscheiden ist dann nur noch, wer gewinnt. Ob sich also ein Partner gegenüber dem anderen Partner durchsetzen kann. „Das muss doch zu gewinnen sein!“, „Das gewinne ich, in dem ich es aussitze!“, „Dem werde ich schon zeigen, dass er etwas tun oder unterlassen muss!“ Es geht plötzlich um Gewinnen oder Verlieren. Inhaltliche Argumente treten zurück. Auch der konkrete Veränderungswunsch verdampft gleichermaßen zu einer Auseinandersetzung um Bewegung oder Stillstand. Hier sind wir gerne geneigt, Stilstand negativ zu sehen. Die Konservierung des Bisherigen als weniger wichtig anzusehen. Dabei gilt vermutlich: Beide Partner haben gute Argumente pro und contra Veränderung. Schade nur, dass diese in einem Machtkampf untergehen.

Stellen wir uns kurz vor, wie es wäre, wenn einer machtvoll gewinnt und der andere Partner unterliegt. Wie mag es sich für den Besiegten anfühlen? Eine Beziehung, nachdem ein Partner verloren hat, wie mag es um deren Beziehungsqualität bestellt sein? Das will sagen: Wer einen Machtkampf gewinnt, ist zugleich  sein Verlierer. In einer Paarbeziehung, so scheint es, kann es keinen Gewinner geben. Wie attraktiv muss sich ein Besiegter in einer Beziehung fühlen? Wie ebenbürtig finden Sie einen Partner, den Sie gerade besiegt haben? Was machen Sie als Paar fortan mit dem Verlust der Augenhöhe? Wie damit umgehen?

Probleme durch Veränderung lösen wollen, die gar nicht gelöst werden können

Mitunter versuchen Paare Probleme zu lösen, die unlösbar sind. Solche Restriktionen zeichnen sich jedoch gerade dadurch aus, dass sie nicht zu lösen sind. Ich will a. Ich will b. B ist das Kontrastprogramm zu a. A ist das unversöhnliche und genaue Gegenteil von b. Es ist nun keine Lösung möglich indem Partner 2 von Partner 1 dazu gezwungen wird auch a zu wollen; oder vice versa zu b. Auch ein Kompromiss, sodaß nun beide sich auf c einigen, ist eine Form des Ausweichens. Schön, wenn es klappt. Vielleicht sind aber auch beide Partner damit unzufrieden. Weder a noch b ist erreicht. Vielmehr gilt: Keiner von beiden hat a erreicht, oder b. Der ursprüngliche Versuch ist zugunsten von c entschieden worden.

Eine interessante Alternative wäre: Partner fragen sich, ob und wie man Paar sein könnte, trotz der unversöhnlichen Wünsche nach a und nach b. Vielleicht schweißt ja gerade das um so mehr zusammen. Hier könnte man sich seine Liebe zeigen. Ich verzichte auf die Veränderungswünsche, dass Du a mögen sollst. Ich verzichte darauf, dich zu b zu zwingen. Wir machen auch keinen billigen Abklatsch, irgend ein c. Wir halten stattdessen miteinander aus, dass hier etwas ungelöst bleibt. Gegebenenfalls verbünden wir uns sogar als Paar gegen a, b und c.

Spannung unversöhnlicher Positionen anerkennen und respektieren

Es geht übrigens auch darum, erst einmal zu fragen: Ist ein Problem überhaupt lösbar. Oder würde es darum gehen, sich selbst zu verneinen. Wäre der Preis, dass ich meine Autonomie verliere, wenn ich es in einer gewünschten Weise zu lösen versuche? Bin ich dann Gewinner (und somit Verlierer)? Bin ich dann Verlierer und bleibe Verlierer?

Ich möchte Partner in einem ersten Schritt dazu einladen, zunächst ihre eigenen Ansichten und Wünsche zu formulieren. Vielleicht sollten sie dabei versuchen, nicht nur zu argumentieren. Es sollte unterbleiben, die Stimme zu erheben, zu manipulieren und zu drohen. Stattdessen in Ich-Botschaften positive Wünsche zu äußern, wäre das Ziel. Und dann zu fragen: Und wie ist Dein Wunsch, Deine Sicht? Man muss dabei nicht einer Meinung sein oder werden. Stattdessen darf man sich zusagen: „Schatz, ich liebe Dich, auch wenn Du etwas ganz anderes willst!“ „Schatz ich bleibe mit Dir zusammen, auch wenn wir dieses Problem nicht lösen!“ „Sag mir, wie Du die Dinge siehst und wie Du dazu fühlst!“

Ebene des Gefühls – Sich und den Partner kennenlernen

Hier kommen wir noch zu einem weiteren wichtigen Punkt: Die Ebene des Gefühls. Gute Argumente haben sicherlich beide Partner. Zudem aber treten auch Gefühle. Das ist ja das Besondere einer Paarbeziehung, die eben keine sachliche Geschäftsbeziehung ist. Erfahrungsgemäß rächt sich das Übergehen und Übersehen dieser Ebene der Gefühle. Weswegen man sich eine Veränderung wünscht und welches Gefühl es dazu gibt, ist wichtig. Warum man die Veränderung nicht möchte und das zugehörige Gefühle ist ebenfalls wichtig. Wer das gut macht, lernt sich und den eigenen Partner noch einmal kennen. Dann aber nicht nach dem Moto „Freundchen, jetzt lernst Du mich mal kennen!“ Das wäre wieder Teil üblicher Machtkämpfe.

Artikel: Streitspiralen – Beratung für Paare zum Thema Streit

Ferdinand Krieg

Dipl.-Theologe | Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie
Weiterbildungen in Systemischer Therapie und Beratung: Systemischer Paartherapeut (SIH) | Systemischer Therapeut und Berater (SG) | Sexualtherapie (DGfS).

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